Hallo Allerseits,

bei dem Begriff „Psychoanalytiker” denke ich gerne an einen der sich als Wissbegieriger über die Seele beugt, um sie mit seinem Verstand zu analysieren. Wir erkennen meine ich darin ein traditionelles Selbstverständnis unserer Kultur, welches den Geist und Verstand über die Seele, das Gefühl und die Empfindung stellt. Diese Haltung hat viele Wurzeln, etwa in der Aufklärung, „unserem Herrn Gott“, in der Philosophie und Kultur der Antike oder im „heiligen Rom”. Immer ging es bei aller Abweichung und Vielfalt letztendlich und vor allem doch um die große Beherrschung und Instrumentalisierung.

Gerade in jüngster Zeit allerdings formieren sich beachtliche Gegenbewegungen und gerade z. B. dem Pionier der Psychoanalyse Sigmund Freud ist recht gegeben worden in seiner Theorie, dass die bewusste Reflexion nur einen viel kleineren Teil überblicken kann, als wir so gerne geneigt sind anzunehmen. Die Vorstellung vom Verstand als Herr im Haus hat er enttäuscht. Ich will also durchaus nicht ihm und seinen Praktikern die oben beschriebene Haltung unterstellen und weiß sehr gut, dass ihre Intention grundsätzlich und oft eine völlig andere ist. Auch die erneute und so starke Sehnsucht nach Religion, Spiritualität und Esoterik, entwickelt ihre große Dynamik sicher als eine solche Gegenbewegung. Sie schlagen dann nicht selten um, etwa in dem kuriosen (und eigentlich so technischem) Wunsch, den „Kopf abschalten” zu können. Das allerdings wäre tödlich, wenn auch sicherlich nicht so tödlich, wie der endlos scheinende und so ungeheuer gewalttätige Anspruch der Beherrschung und Instrumentalisierung.

Wir tragen den Kopf über dem Herz und dem Unterleib. Daraus aber eine Hierarchie zu machen wäre so dumm, wie wenn wir etwa einer tiefen Empfindung Oberflächlichkeit unterstellen würden. Der Geist, der Verstand und das Denken stehen ihrem Wert nach nicht über der Seele, dem Fühlen und Empfinden. Der Neigung, diese doch bei uns so manifestierte Hierarchie zur Abwechslung einfach umzukehren, sollten wir allerdings ebenso widerstehen. Fühlen und Denken sind meine ich zwei Pole von ein und demselben. Wie ich darauf komme soll mein Essay beantworten, der dieser Seite auch ihren Namen gegeben hat. Ich hoffe mit diesen paar Andeutungen und gewagten Behauptungen euch alle sehr neugierig zu machen!

Ach ja und von mir selbst sollte ich ja eigentlich auch noch schreiben. Die Lektüre von „Let’s talk about sex” würde sich anbieten um ein bisschen von mir kennenzulernen. Oder vielleicht auch ein bisschen viel? Mit dem „Reden über” ist es ja eh schon so eine Sache und dann auch noch über Sex? Das ist echt noch komischer als völlig verkopft die unergründlichen Tiefen der Seele analysieren zu wollen. Und ich weiß auch einfach nicht mehr, wie ich auf diesen Titel gekommen bin. Denn eigentlich geht es da nur ums Fotografieren. Und warum eigentlich englisch (oder sogar amerikanisch). Oh je! Bin ich nur unbedacht dem gefährlichen Trend gefolgt alles zu anglistizieren, oder hat das vielleicht eine unerkannte und tiefere Ursache? Echt, ich weiß es nicht und von mir aus denkt was ihr wollt! Nur das bitte ich zu beachten (und ich meine das wirklich ernst!), wenn mich hier irgendwer auf irgendwas festlegen will, also das macht mich echt streitlustig, die Leute mit denen ich so Umgang pflege können ein Lied davon singen…

So oder so aber bin ich gewöhnlich ein ganz Harmloser, verträumt zuweilen und auch romantisch und immer zu allen freundlich und ich spreche natürlich auch immer nur die reine Wahrheit. Was bleibt den Unschuldigen und einfach Denkenden auch anderes übrig, als ihre wenige Raffinesse nicht durch aufwendige Konstruktionen von Scheinwelten zu verschwenden? Mag also dies als Einleitung genügen, erstmal geht es mir doch vor allem darum, überhaupt was wesentliches von mir ins Netz zu stellen. Schon viel zu lange ächze ich unter der Last meines großen Mitteilungsdranges. Das World Wide Web wird mich da sicher von befreien können.

 

Print Friendly, PDF & Email

2 Antworten zu Hallo Allerseits,

  1. ladi sagt:

    Hallo Bernhard,

    meintest du bei deinem essay „let`s talk about sex einen ganz bestimmte Frau oder war das eher allgemein gemeint? Ich finde das beim Fotografieren einen ganz interessanten Aspekt. Mir geht es allerdings hauptsächlcih bei sehr engen Beziehungen so. Bei Fremden läuft das unter „Berufsblick“. Deswegen meine Frage.

    Gute Nacht wünscht Ladi

    • Bernhard sagt:

      Ich will mit meinem Text u. a. sagen, dass Porträtfotografie eine sehr intime Situation künstlich erzeugen und verstärken kann. Nehmen wir ein Klischee (natürlich mit viel Wahrheitsgehalt!): Ein technisch versierter aber kommunikations- und beziehungsgescheiter Fotograf führt mittels seiner Profession eine lebenslustige, attraktive, junge Frau in sein aufwendig ausgestattetes Studio und macht Aufnahmen von ihr, sehr persönlich, körperbetont und künstlerisch anspruchsvoll. Als professionelle Model weiß sie, vor was für einem riesen Publikum sie spielt, sie schenkt ihm ihr strahlendes Lächeln oder subtilste Erotik oder geheimnisvoll-intimen Sexappeal und er ist vielleicht abgebrüht genug zu wissen, dass sie schon früh lernte, mit was sie am sichersten herzliche Zuwendung und ungeteilte Aufmerksamkeit erlangt, dass diese Blicke kaum ihm gelten sondern viel mehr ihrer Erwerbstätigkeit und Karriere. Oder er ist nicht ganz so realistisch, dass er nicht doch (ein wenig) der Illusion nachgibt, etwas oder viel davon gelte ihm selbst oder vielleicht seiner Macht und Berühmtheit als Fotograf. Sie mag umgekehrt und in ähnlicher Weise der Versuchung erliegen, dass Interesse gelte wirklich ihr selbst und nicht viel mehr nur ihrem Anblick und Anschein. Dies Drama ist als Beispiel gemeint, es hat natürlich unzählige Variationen.

      Zu den größten und am meisten nachgegebenen Versuchungen von Männern gehört doch, dass wir lebendige Erfahrungen und Begegnungen (mit Frauen) suchen ohne von Kontrolle und Beherrschung lassen zu können oder zu wollen. „Wir leben in einer Kultur, die ihre Alltagstechnologie erotisiert und verherrlicht, allem voran das Automobil.“ (Salman Rushdie) Der Kult um Autos gehört sicher zu den ungemein lächerlichen und plumpen Versuchen, Leidenschaft und Eros mit Kontrolle und Beherrschung zu verketten. Auch eine Kamera ist so ein typisches Mittel, sich (der Illusion von) Macht und Kontrolle hinzugeben, wie ausgeliefert ist doch jemand, dessen Anblick man einfängt, vergrößern, bearbeiten, retuschieren und vervielfältigen kann. Das meine ich mit Bühnensituation, die meist jedem Fotografierten mehr oder weniger bewusst ist und die zu der bekannten Scheu und auch zu wirklichen Verletzungen führen kann, weil sich viel zu sehr nur der idealisierte, durchinszenierte und kontrollierte Anblick kommerzialisieren lässt, anstelle des verletzlichen und sprechenden Selbst und seiner Persönlichkeit. „Wie Sex durch die Kamera“ ist ein Text über Marilyn Monroe und von ihr zerstörte und durchgestrichene Fotos auf arte.tv* überschrieben und Marlene Dietrich sagte „Man hat mich zu Tode fotografiert“**.

      Meinst du aber wirklich, dass du durch einem „Berufsblick“ ein irgendwie besonderes und aufregendes Foto machen kannst? Es gibt ja Begegnungen zwischen (noch oder vielleicht erneut) Fremden, die sich ihre Scheu, ihre Abwehr, Zuneigung oder Sympathie und Neugier eingesehen, respektvoll und doch auch herausfordernd miteinander umgehen und zu den besten (Porträt)Fotos zähle ich die, in denen alles das enthalten ist und zum Vorschein kommt. Was könnte eine Person mehr zeigen, als wenn sie sich ihrer Angst, Scheu und Neugier stellt und sie auch zeigen kann? Und wenn das durch ist, stellt sich meist ja auch die Gelöstheit und ein Lachen ein. Ich denke hier auch vor allem an die Bilder, die Jürgen Teller von Annie Morton gemacht hat.

      Ich denke im Zusammenhang mit meinem Text nicht an eine bestimmte Frau, allerdings schon an besonders sprechende Beispiele von Bildern, die ich gemacht habe und die mich auf diese Überlegungen gebracht haben.

      *http://www.arte.tv/de/wie-sex-durch-die-kamera/6849548,CmC=6849558.html
      **http://www.sueddeutsche.de/kultur/marlene-dietrich-zum-todestag-keine-wird-je-sein-wie-sie-1.1347851-11

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert