Der hohle Krieg oder die Fülle des Friedens

Macbeth: Dies Bild, die bloße Mordthat des Gehirns,
Regt meine innre Welt so heftig auf,
Daß jede andre Lebensarbeit ruht
Und mir nichts da ist, als das Wesenlose (Shakespeare)

Zwei der folgenden Einsichten sind wissenschaftlich gut belegt und die dritte muss meine ich unmittelbar einleuchten, mit ihnen will ich meinen Text einleiten:

  1. Das menschliche Gehirn ist das bei weiten komplexeste was wir im Universum kennen und mit dem wir von Anfang unseres Lebens an durch Begegnungen mit anderen Menschen interagieren.
  2. Das angeborene und individuelle Potential unseres Gehirns, aller anderen Organe bzw. jeder einzelne Zelle,1 wird am stärksten in früher Kindheit weiterentwickelt, geprägt oder vernachlässigt und geschädigt.
  3. Unser Potential und uns selbst können wir erschöpfend nur in der freundlichen Begegnung und auf Augenhöhe mit unterschiedlichen anderen Menschen ausbilden. „Auf Augenhöhe“ und „freundlich“ soll kurz gesagt heißen, dass ich in einer Begegnung mit anderen weder auf sie herabsehe, noch zu ihnen aufschaue, dass wir uns wechselseitig frei von Herrschaft oder Gehorsam unbefangen bewegen müssen und nur so ein Maximum von der anderen Person und uns in ihr wahrnehmen und erleben können.2

Wir lernen insbesondere sehr viel von komplexen Strukturen und Organismen der Pflanzen und Tiere oder auch von Mathematik, künstlerischer Kreativität, dem Gärtnern, von Computerprogrammierung, von Sport und Kultur usw. Nichts von all dem erhält aber eine solch ursprüngliche und entscheidende Bedeutung für unsere Bildung, Intelligenz und Persönlichkeit, wie die Auseinandersetzung, Freundschaft, Beziehung und Liebe zu anderen Menschen. Die Evolution hat vorläufig nichts hervorgebracht, was so komplex, vielseitig und wirksam wäre, wie den menschlichen Organismus bzw. insbesondere sein Gehirn. Nichts kann damit unser Selbst und unsere Persönlichkeit so ursprünglich, vielseitig und erschöpfend bilden, wie ihre Empathie, Spiegelung und Erwiderung in der Vielfalt und endlosen Komplexität anderer Persönlichkeiten. Die Bedeutung und Notwendigkeit dessen ist für uns als Säuglinge und Kleinkinder mehr als ein Wissen; wir sind die Nähe und Berührung zu denen, die uns aufnehmen, uns ansehen und mit uns reden. Wir leben von Beginn an notwendig durch wechselseitige Zuwendung, Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit und Kommunikation und erleiden panische Angst, unsäglichen Schmerz und schließlich den sicheren Tod, wenn sie ausbleiben.3

Diese Untrennbarkeit von Zwischenmenschlichkeit und Leben bleibt bestehen und potenziert sich noch mit unserem Heranwachsen und zwar gerade weil wir lernen können andere Lebewesen und Menschen – bzw. damit immer auch Autonomie, Freiheit, Sensibilität, Vitalität und Empfindung des eigenen Selbst! – zum Opfer einer solchen Trennung zu machen: Konfliktlösung, Sprache, Austausch, Empathie, Mitgefühl, Perspektivenwechsel usw. sind Multiplikatoren und wichtigste Grund- und Ausgangslagen der Evolution von Vielseitigkeit und Komplexität unseres Selbst als wie von Intelligenz, Bildung, Kultur und Zivilisation4 – So beispiellos komplex und endlos unser Selbst aber mittlerweile unbedingt ist, so potentiell endlos ist auch das Maß seiner Zerstörung des Lebens und der Menschlichkeit bis weit über alle räumlichen und zeitlichen Grenzen hinaus, die wir uns vorstellen wollen:

Sinnliche Endlosigkeit oder endlose Zerstörung

Nach der allgemein sehr anerkannten Urknalltheorie, die sich zumindest mathematisch gut nachvollziehen lässt, beginnt Raum, Zeit, Energie und Materie vor rund 13,7 Milliarden Jahren und nach 10 hoch -43 Sekunden bei einer Temperatur von 10 hoch 32 Grad Celsius in einer Winzigkeit, die milliardenfach in einen Atomkern5 passt. Wer so was von vornherein gaga findet sollte beachten, dass Smartphones oder Atombomben prinzipiell nach den gleichen Theorien verstanden und konstruiert werden: Billionen von Grad, die wenige Bruchteile von Sekunden nach dieser Planck-Zeit herrschten, lassen sich experimentell schon erzeugen und das Licht von vor über 13 Milliarden Lichtjahren entstandenen Galaxien, kann jeder von uns auf Abbildungen bewundern. Schon in dieser Anfangsphase des Universums, hatten Sterne mehr als das hundertfache der Masse unserer Sonne in sich zusammengepresst und in rasender Folge bei Temperaturen von weit über 100 Millionen Grad ihre Atome zu immer schwereren Elementen wie Kohlenstoff, Sauerstoff, Silizium und schließlich Eisen fusioniert und in Supernovaexplosionen ins All geschleudert. Erst die ausreichende Vielfalt und Konzentration dieser schweren Elemente, erlaubte vor 4,5 Milliarden Jahren die Entstehung unseres Gesteinsplaneten und auf ihm die nochmals um viele Potenzen komplexere Struktur und Organisation von Molekülketten des Lebens.

Auf wie viel Millionen und Milliarden Planeten sich im Universum ansonsten auch immer Leben gebildet haben mag, wir können sicher sein, dass nur der allerwinzigste Teil jeglicher Materie und Energie die sehr zahlreichen Bedingungen vorfindet sich zu Leben organisieren zu können und von diesem wiederum nur ein winzigster Teil erst nach Milliarden von Jahren Evolution in der Lage ist, Natur und Leben so weitgehend zu reflektieren und nachzuvollziehen. Menschen bevölkern lebensgeschichtlich gesehen erst einem Wimpernschlag lang die Erde und erstmals in größerer Zahl, als jemals insgesamt auf ihr gelebt haben. Die natürlichen Bedingungen, nach denen Milliarden von Menschen (und wir in ihnen!) noch über hunderttausende von Generationen auf dieser Erde leben können, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben. Rechnen wir unsere zahlreichen und vielseitigen Fähigkeiten hinzu, z. B. durch Klimafarming und Agrarökologie Lebensräume zu erschließen, zu (re)vitalisieren und deren Nutzen für die wilde Natur, für Kulturpflanzen- und Tiere, sowie für uns Menschen zu erhöhen, so lag noch nie so sehr im Wirkungsbereich einer kleinen Minderheit von Menschen, den alten Traum eines so unsterblichen Lebens sowie dessen Vielfalt und Vitalität zu verwirklichen oder möglicherweise ebenso endloses Leid und eine weit in die Zukunft gehende Wüste des Unlebendigen zu hinterlassen.

Sicherlich können wir mit unseren technischen Fähigkeiten innerhalb kurzer Zeit lernen, einen Meteoriten von der Größe und Wucht abzulenken, der vor 65 Millionen Jahren das Leben der Dinosaurier endgültig auslöschte, einer Spezies, die ganze 150 Millionen Jahre das Leben des Planeten wesentlich geprägt und bestimmt hatte. Wir können durch technische Fähigkeiten leider mit noch weit größerer Gewissheit etwa durch menschengemachte Erderwärmung oder einen Atomkrieg das Leben für die allermeisten Lebewesen und Menschen zum Albtraum, oder auch ganz unmöglich machen; global und für Hunderte, Tausende oder Millionen von Jahren und vielleicht auch für immer. So endlos komplex, vielseitig und vital das Leben, die Menschheit und ihre Kultur sich bereits entwickelt hat und noch viel weiter entwickeln kann, so endlos und großartig wäre dann auch das Verbrechen der Zerstörung einer kleinen Minderheit von Menschen.

Hass, maßlose Wut, Terror, Herrschaft, Gehorsam, Militarisierung, Manipulation, Instrumentalisierung, Verblödung, Stumpfsinn, Massenmord, Krieg und endlose Zerstörung – oder Zuwendung, Aufmerksamkeit, Mitgefühl, Sinnlichkeit, Leidenschaft, Liebe, Freundschaft, Bildung, Frieden, Autonomie, Freiheit, Leben und Unsterblichkeit. Niemand hat meine ich bisher so erschöpfend und aus so vieler Hinsicht beschreiben und erklären können, was ursächlich und entscheidend ist für das eine oder andere, wie der Psychoanalytiker und Autor Arno Gruen.6 Ich will seine Analysen ergänzen und auch anders formulieren:

Real kann nichts die Spiegelung, Empathie und Erwiderung des eigenen so wunderbar-endlosen und vielfältigen Selbst und seiner Natur im anderen ebensolchen Selbst und der Natur ausgleichen und ersetzen. Scheinbar kann und muss Macht, Instrumentalisierung und Manipulation zwangsläufig den Verlust von so grenzenloser Vielfalt und Differenzierung, um so systematischer und effektiver ersetzen. Einschränkung und Einengung des endlosen Selbst, ist gleich jener stumpfsinnige Exzess, der alles lebendige ebenso mitreißen und zerstören tut, wie er andererseits eine grenzenlose Ödnis und Wüste hinterlässt. Indem Menschen die egalitäre Begegnung untereinander und auch zu allen anderen Lebewesen gegen Hierarchie, Manipulation und Zwang tauschen, beschleunigt sich diese Dynamik bis heute zu der grenzenlosen Zerstörung, die erstmals zulässt, dass Leben aller weiteren Generationen von Menschen auf dieser Erde zu vernichten.

Struktur und Organisation von Differenzierung, Komplexität und Vielseitigkeit des Lebens und der Natur, haben in uns Menschen eine beachtliche Zuspitzung, Verdichtung und Ganzheit erreicht. Der Wirksamkeit dieser Realität und seiner Verheißung, können wir durch nichts entkommen: Sowie ein Vakuum in der Physik prinzipiell nicht weniger Wirkung hat als ein Überdruck, so ist prinzipiell nicht entscheidend, ob wir uns für eher passiv oder aktiv halten oder es wirklich sind, ob wir meinen eher machtlos oder mächtig zu sein, ob wir uns eher zurückziehen oder offensiv agieren usw. Wir können nicht entscheiden über Ob und Maß der Wirksamkeit unseres Selbst und unserer Person, sondern nur über das Wie!

Wir erleben, wir sehen, spüren, riechen und hören z. B. eine Baumkrone im Spiel von Sonne und Wind und erhalten beides: Ihre Wahrnehmung und uns selbst in ihrer endlos geheimnisvollen und komplexen Struktur und Organisation – als Verbindung und Einheit mit dem unmittelbar Sinnlichen, Greifbaren und Anschaulichen. Oder die Meeresbrandung oder eine Blumenwiese, ein Tier oder die freundliche Zuwendung eines Menschen, sein Widerstand, seine Aufmerksamkeit, Erwiderung, Anrede, Bewegung und Wärme, als größte Bedeutung für Ursprung und Wesen der Person und des Selbst.

Weil Herrschaft und Gehorsam, Manipulation, Instrumentalisierung, Vernachlässigung und Missachtung, eine solch sinnlich-endlose Wahrnehmung der anderen Persönlichkeit bzw. des eigenen Selbst in ihr verhindern, entstehen durch sie jene innere Leere und Unruhe und schnell Gefühle von bodenloser Depression und grenzenloser Wut und Raserei. Wie sich diese Faktoren in Wechselwirkung zu immer weiteren Machtkonzentrationen und Kriegen, zu Unterdrückung, Vertreibung, Völkermord und zum beispiellosen Menschheitsverbrechen der globalen und bis weit in die Zukunft reichenden Lebensgrundlagenzerstörung beschleunigen konnten, ist so schon nachvollziehbar geworden und soll im folgenden nochmals anschaulicher werden:

Wasser durchdringt ein Ökosystem von groben Strukturen bis in die feinste Differenzierung hinein ähnlich wie Blut einen Organismus belebt oder wie etwas anders die Energie vieler Generationen von Pflanzen in Kohle oder Erdöl synthetisiert und zusammengepresst ist. Wir entwässern solch eine System in die gerade Linie eines künstlichen Flussbettes hinein, wir zelebrieren in Ritualen oder in einer Dichtung, im Film und Theater das vergossene Blut oder zünden in kürzester Zeit, was lange der gesamte Energiestrom hoch ausdifferenzierter und komplexer Organismen und Ökosysteme war. Die Energie der Beschleunigung durch Eingrenzung, Einschränkung und Instrumentalisierung, ist dabei der Verlust an Lebendigkeit, Vielfalt und Ausdifferenzierung in endlose Leere und Raserei und umgekehrt: Um nur ein wenig Anschein von Lebendigkeit zu erlangen, muss immer ungleich viel mehr an Leben abstrahiert, manipuliert, unter Zwang gesetzt und getötet werden. Wir erliegen der Verlockung unser Leben als Untote und lebendige Leichen zu retten, indem wir die großartige und maßlose Masse und Quantität von Kontrolle, Herrschaft und Abstraktion, mit der Substanz und Fülle einer lebendigen Empfindung verwechseln. Lebendigkeit aber ist mit Herrschaft, Zwang und Manipulation niemals vereinbar.

„Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er. Er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat. Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet.“ (Hebräer 12,6) „Wer seinen Sohn liebt, hält den Stock für ihn bereit, damit er später Freude erleben kann. …“ (Sirach 30,1)

Im Versuch das Unersetzliche zu ersetzen, beschleunigen wir den Kreislauf vom Verlust des Lebendigen und scheinbarem Ersatz durch Abstraktion, Konstruktion, Kontrolle, Instrumentalisierung, Gewalt und Beherrschung immer mehr. Grundlage und Fortentwicklung unserer Kultur und Zivilisation geben ganz überwiegend ein Beispiel dafür. Finden wir als Erwachsene z. B. mehr Reiz darin, die Lebendigkeit und Ausgelassenheit oder auch Streit- und Konfrontationslust eines Kindes (wenigstens auch nur im Zweifelsfall) kontrollieren und eingrenzen zu können, als Reiz darin, sie zu erwidern bzw. ggf. auf Augenhöhe zu begegnen und eigenes ihr entgegenzusetzen? Wie gern und oft erliegen wir doch der Verwechslung und Lüge, Genugtuung und Freude gerade durch die Bändigung der originellsten und lebendigsten Menschen zu erlangen, an Stelle Erfüllung darin zu finden, sie und uns in ihr, wahrnehmen und erleben zu können. Geben wir das Ringen um eine solche Interaktion verloren und überlassen uns der so alten Tradition und Etablierung von Besitz, Manipulation und Instrumentalisierung, machen wir uns zu weiteren Multiplikatoren solch oben zitierter Gewaltexzesse und zwar auch dann, wenn wir selbst weit davon entfernt sind, selbst ein Kind so zu misshandeln.

In der philosophischen Schrift Phaidon lässt Aristoteles seine Frau mit ihrem Söhnchen hinausgeleiten als einzige, die als ganze Person wirklich rebelliert und Schmerz empfindet angesichts des Verbrechens von seinem grauenhaften und gewaltsamen Tod. Sehr charakteristisch ist, wie Aristoteles dieses Drama nachlässig und wie nebenbei abtut, ganz so, wie es sich nach einer solchen Lüge von Souveränität und Abgeklärtheit gehört. Es folgt eine Begründung von Trennung und Hierarchie zwischen Körper und Seele, die in ihrer Phantastik und Abstraktion so albern und blöde ist, wie sie andererseits unvereinbar mit vielen noch so einfachen Empfindungen von Gerechtigkeit und Regeln der Logik ist. Ein weiteres markantes Beispiel ist die methodische und viel verehrte Schwachsinnigkeit des Rene Descartes.

Adolf Hitler und seine Wirkung werden viel weniger mythisch und unvorstellbar, wenn wir beachten, dass sein endloser Hass, seine endlose Wut und ihre Eskalation in Zerstörung und Völkermord, ihre vielfache Ursache in sehr langen Fortentwicklungen von jenem Kreislauf aus Leere und Raserei hat. Der ganze ungeheuerliche Apparat aus industrialisierter und militarisierter Manipulation, zu Krieg, Zerstörung und Massenmord, entsprach der endlosen inneren Aushöhlung und Wut von Hitler, war ihr zur Notwendigkeit und gleichzeitig zur immer weiteren Quelle ihrer Dynamik und Beschleunigung geworden. Eine Mehrheit von Menschen war Hitler aus diesen gleichen inneren Ursachen heraus gehorsam und hat so dies beispiellose Verbrechen der Menschheitsgeschichte möglich gemacht.

Wachstum von Vitalität, Vielfalt und Differenzierung
hinein in Leben, Bildung und Kultur

Sollte Wirtschaft und Ökonomie auch nur etwas mit Verhältnismäßigkeit und Effizienz zu tun haben, so ist im krassen Gegensatz dazu gerade auch Nachkriegsdeutschland ein Beispiel für extreme Unverhältnismäßigkeit und systematisierte, d. h. also sehr effiziente Ineffizienz, als wie von Verschwendung, Überproduktion, Ungleichverteilung und Monopolisierung. Deutschland ist damit entgegen der allgemeinen Menschenrechte und des ersten Grundgesetztes seiner Verfassung wesentlicher Verursacher von einer der schwersten Ungerechtigkeiten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Welt.7

Was aber wäre eine Ökonomie und Wirtschaft, die diese Namen verdient und welche ohne Ausbeutung, ohne Leidtragende und Verlierer, tatsächlich endlos wachsen kann? Die Antwort ist banal und liegt auf der Hand: Es geht um ein Wachstum von Verhältnismäßigkeit, Vielfalt, Gerechtigkeit, Leben, Lebendigkeit sowie von Bildung, Kunst und Kultur. Wir sehen Fossilienfunde von Menschen die in der Zeit vor der landwirtschaftlichen Revolution gelebt haben und erfahren, dass diese offenbar ein größeres Gehirn hatten, dass sie gesünder, klüger und scharfsinniger waren und offenbar auch abwechslungsreicher lebten als wir heute.8 Wir lindern und revitalisieren durch Agrarökologie die Zerstörung und Unmenschlichkeit durch Monokultur, Massentierhaltung und industrialisierter Landwirtschaft und nähern uns selbst damit der Aufmerksamkeit, Präsenz, Scharfsinnigkeit und dem Körperbewusstsein unserer Urahnen wieder an. Wir ernähren durch sie 9 Milliarden Menschen7 und bremsen mit Klimafarming bzw. Terra Preta10 die Erderwärmung, wir schaffen einen Nutzen für Vielfalt, Leben und Natur, der dasjenige einer natürlichen Wildnis ergänzt bzw. erreicht und übertrifft. Wir ermöglichen damit in uns, dem Leben und der Natur einen Reichtum an Vitalität, Vielfalt und Erneuerung, der uns endlich zu dem Teil ihrer Evolution macht, welcher der Verheißung und dem Potential unseres menschlichen Selbst entspricht.

Welcher Mensch ist klüger? Der, welcher die Sprache der wilden Natur zu lesen versteht, von ihren Rohstoffen, Pflanzen und Tieren sehr unmittelbar leben kann, oder wir als Menschen, die für ihr Leben und Wohlbefinden gewöhnlich einen endlosen technischen Apparat erforderlich machen und also im selben Maße den Zugang zu Leben und Natur verlernt haben? Sollten wir nicht einigermaßen betroffen vor der Frage stehen, wie intensiv, substanziell und erfüllt das Leben vieler Neandertalers sicherlich gewesen sein muss, indem schon sie „jedenfalls nicht dümmer waren als wir heute“1Prof. Dr. Katerina Harvati GEOkompakt Nr. 41 S. 68 und Leben und Natur mit für uns kaum vorstellbarer Scharfsinnigkeit empfinden, wahrnehmen und zu leben wussten? Und dass dies mindestens im selben Maß auch auf viele der Homo Sapiens vor(!) der landwirtschaftlichen Revolution zutraf? Dass die Vermutung, Ursprung, Wesen und Ziel von Leben und Natur, sei irgendwie geistig, vor, nach, neben, unter oder sogar höher und über ihnen, nur durch Auserwählte, oder etwa nur durch einen grotesken Aufwand an Arbeit und Steinbauten zu vermitteln usw., uns in Bezug auf Lebendigkeit und Überleben der Menschheit, nicht nur nicht weitergebracht, sondern weit in deren Negation getrieben hat?

Wer glaubt noch an Götter, an den Herrgott oder Herrscher, an Kaiser, König und Edelmann? Wer glaubt noch daran, dass Einzelne wirklich Millionen und Milliarden Euro und Doller verdienen und über sie mit so viel Macht und Beliebigkeit verfügen können? Dass die Konzentration von sehr viel Geld fast immer, fast zwangsläufig und sehr schnell, die Konzentration von immer noch viel mehr Geld bedeuten soll? Welche natürliche, menschliche, intelligente und rechtliche Begründung könnte es für so ein solch albernen und phantastischen Unsinn geben? Noch viel lächerlicher und blöder, als wenn unsere Kanzlerin eines Morgens verkünden würde, „Der Staat bin ich! Ich verfüge ab sofort über Macht und Reichtum von Ludwig dem XIV.“

Wer glaubt noch an die dumme und dreiste Lüge vom Automobil und wem ist noch nicht aufgegangen, dass kein anderer Faktor als das was als solches verkauft wird, autonome Mobilität effizienter verhindert und den auch nur etwas gerecht verteilteren Zugang zu ihr unmöglich macht? Wer ist so abgestumpft und noch immer so feige und ignorant, dass er nicht sehen kann und nicht aussprechen mag, wie das extreme Übermaß an Stauzeugs, Lebensraum und Lebensqualität bestehend aus Grün, Ruhe, Raum, Bewegungsfreiheit, Gefahrlosigkeit, Autonomie und Mobilität, zerstört und unmöglich macht?11 Das Lügenmärchen Automobil steht gerade hierzulande für eines der markantesten Beispiele für negative Intelligenz, d. h. also dafür, wie eine Herausforderung nicht nur nicht gelöst, sondern systematisch zuasphaltiert und verhindert wird. Das Maß und Potential an Intelligenz, ist immer auch ein Maß und Potential dafür, sich selbst und andere aufwendig, anspruchsvoll und raffiniert über Herausforderungen, Schwierigkeiten, Verbrechen und Lügen hinwegzutäuschen.

Wie kommen wir zu einer substanziellen und erschöpfenden Selbstwahrnehmung in der Natur, im Leben und in anderen Menschen, welche uns ausfüllt, lebendig und zufrieden macht und sinnlich, leidenschaftlich, scharfsinnig, intelligent, sensibel, beweglich usw.? Die Antwort liegt ebenso auf der Hand; es lässt sich einfach sagen, dass sie der innere Teil der oben bereits formulierten ist: Eine Baumkrone voller Blüten und Blätter, zeigt und realisiert uns den Wind und das Sonnenlicht, das Wasser und die Nährstoffe des Bodens, in Verbindung und Einheit aus sinnlich-einfacher Anschaulichkeit und endlos komplexem Spiel von Ausgleich, Differenzierung, Veränderung, Entwicklung, Bewegung und Vielfalt. Um Wert und Bedeutung von Leben und Natur wahrnehmen und realisieren zu können, brauchen wir in uns ebenfalls eine solche Bildung und Matrix, angefangen in der Ruhe und Stille der Wurzel, über die langsame und sanfte Bewegung des Stammes, bis hin zum flattern und rauschen der Blätter.

Umgekehrt dazu sind Monopolisierung, Monokultur, Verwüstung und Zerstörung von Leben und Natur, die fortdauernde Eskalation in Krieg um Geld, Macht und Rohstoffe, oder die beharrliche Ignoranz des beispiellosen Verbrechens an einer wehrlosen und wachsenden Mehrheit von Menschen, ebenso Abbild und Ereignis einer ungeheuerlichen inneren Verwüstung, als wie von Verlust, raffinierter Verblödung, Eindimensionalität und stumpfsinniger Wut und Raserei. Viele altetablierte Sitten, religiöse Vorstellungen und akademische Traditionen, kanalisieren und verstärken eine solche innere Zerstörung nach außen nochmals um ein Vielfaches, lassen sich als Verbrechen gegen Grundrechte und die Menschlichkeit allerdings um so leichter ausblenden und verschleiern:

Von Demokratie waren schon im alten Griechenland eine übergroße Mehrheit aus Frauen, Sklaven und den Opfern von Raubkriegen ausgeschlossen. Ihre Renaissance nach der glorreichen und nach der französischen Revolution, gründete sich erneut und wurde ganz wesentlich getragen und entwickelt, durch die Versklavung, Ausbeutung, Ermordung und die Verachtung der Rechte einer großen Mehrheit von Menschen in den Kolonien. So schwerwiegend und weitreichend diese Verbrechen zugunsten von Wohlstand und Reichtum einer kleinen Minderheit im alten Griechenland, im Römischen Reich und in Europa waren, erst nach den Weltkriegen gründet und entwickelt sich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den westlichen Ländern nochmals um ein vielfaches weitreichender zu Lasten einer überwältigenden und wehrlosen Mehrheit von Menschen in besonders betroffenen Regionen der Erde und mehr noch von nachkommenden Generationen. Ihrer Tradition, ihrem gewöhnlichen Verständnis, ihrer wörtlichen Bedeutung und faktischen Umsetzung nach, sind Demokratie und Rechtsstaatlichkeit damit mehr den je unvereinbar mit den Grundgesetzen der einzelnen Länder und den allgemeinen Menschenrechten der vereinten Nationen:

Die Industrienationen haben über Jahrzehnte eine Welle der Zerstörung losgetreten, die in besonders betroffenen Regionen der Erde schon heute Millionen Menschen leiden und sterben lässt. Sie wird mit voller Wucht und aller Härte aber erst nachkommende Generationen treffen, denen es schließlich vollständig unmöglich ist, gegen sie zu reden, zu schreiben, zu demonstrieren, abzustimmen und zu klagen. Diese Menschen sind gegenüber den Verursachern der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage in überwältigender Mehrheit, sie sind nicht verantwortlich, am meisten betroffen und leidtragend und zugleich völlig wehrlos. Die industriell erzeugte Erderwärmung ist damit eine der denkbar schwerwiegendsten Verbrechen gegen die Grund- und Allgemeinen Menschenrechte und die Gerechtigkeit in der Welt. Für Politik, Justiz, den akademischen Betrieb, für Redaktionen und auch für Menschenrechtsorganisationen, Demokratieinitiativen und Umweltschützer aber, ist die Einsicht in dieses offenkundige und altetablierte exzessive Verbrechen offenbar völlig unzugänglich, sie scheinen nach dem Vorbild negativer Intelligenz sich die Ignoranz und Ausblendung dessen über viele Generationen sehr eifrig angeeignet zu haben. Wie sonst kann es sein, dass die ebenso hässliche wie offenkundige Eigenschaft der Demokratien und Rechtsstaaten, ihre wesentliche Grundlage aus Reichtum und Wohlstand, am meisten zu Lasten jener wachsenden Mehrheit zu erzeugen, die räumlich und mehr noch zeitlich am weitesten von allen rechtlichen und demokratischen Möglichkeiten entfernt sind, an den Unis, in den Medien, in Politik, Justiz und NGOs, noch immer so stur und demonstrativ übergangen und ignoriert wird?

Wir rechnen wissenschaftlich, streng, nüchtern, klar, einfach, statistisch signifikant und pragmatisch, dass die reiche, komplexe, vielfältige, ausgeprägte, bewegliche, differenzierte, wesentliche und erschöpfende Bildung, Intelligenz und Freiheit des menschlichen Selbst und seiner Person, sich nur durch und mit und in der Entsprechung an Reichtum, Freiheit und Bildung unterschiedlicher anderer Menschen entfalten kann. Und dass wir ebenso gerechnet um so mehr arm, stumpf, blöde, hohl, ausgebrannt, maßlos und rasend werden auf Kosten und zu Lasten von Leben, Freiheit, Vielfalt und Bildung anderer Menschen.

Wir verspotten uns als selbstlos, philanthropisch und Gutmenschen zu Recht, indem wir meinen Zuwendung, Mitgefühl, Aufmerksamkeit und Hilfe für andere von oben herab, einseitig und nur mit Verzicht für uns selbst und von Wohlstand aufbringen zu können und nicht beachten, dass ihr Gelingen auf Augenhöhe und freundlich, immer ein Privileg und Gewinn an Reichtum, Bildung und Freiheit für unser Selbst und unsere Person sein muss! Selbstbezogenheit, Eigenliebe und Eigennutz als realer Zugang zur Fülle, Vielfalt und Substanz der eigenen Person, als Vermögen, Empfindungen, Sinnlichkeit, Leidenschaft, Gedanken und Ideen in ihrer Komplexität und Ganzheit wahrzunehmen, zu leben und sich in ihnen bewegen zu können, kann nach Ursprung und Entwicklung nur der wechselseitige und lebendige Bezug zu anderen Menschen sein und zwar um so mehr zu jenen, die uns selbst, unserer Kultur und Zivilisation am fremdesten erscheinen und von ihnen am meisten ausgeschlossen, benachteiligt, misshandelt und gemordet werden.

Es gibt keine wesentlichere Ursache für die Aushöhlung, Raserei und Zerstörung unseres Gehirns, als Naturzerstörung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und es gibt nichts was unser Gehirn, unseren Organismus, unser Selbst und unsere Person tiefer heilen, sensibler, beweglicher, substantieller, differenzierter, wesentlicher, vielfältiger, intelligenter, scharfsinniger und ganz machen würde als die Linderung der Not anderer Menschen, als das revitalisierte Leben eines Biotops, eines Gartens und einer Kulturlandschaft, sowie ihrer Vielfalt und Differenzierung.

Die Vorstellung von Grund, Boden, Rohstoffen, Leben und Natur als profitabler Besitz, über die sich herrschen lässt und die man instrumentalisieren kann, sowie um so mehr ihre brutale Durchsetzung als immer schnellere Ungleichverteilung und Konzentration von Kapital in den Händen von ganz Wenigen, ist ebenfalls Realität, Abbild und Ereignis der immer gleichen inneren Armseligkeit, Verblödung und Raserei. In der völlig albernen Pose der Desillusionierten halten viele Akademiker ein grünes Wachstum für phantastisch und unrealistisch. Wo aber sollte ein Wachstum von diesen Mitteln, von dieser Konzentration und Monopolisierung an Kapital in den Ausgleich, in Vielfalt und also in Bildung, soziale Arbeit und Kunst und Kultur enden? Wo sollte das Wachstum einer Bildung im Umgang mit Leben und Natur und deren Umsetzung enden, wo und wann sollte der Lernprozess aufhören, ihren Ertrag an Qualität, Vielfalt und substantiellen und nachhaltigen Nutzen für Pflanzen, Tiere und Menschen, zu optimieren? Gerade das Ausmaß an unfruchtbar gemachten und vergifteten Böden, die Monokulturen, die Verschmutzung der Meere, die Erderwärmung und vieles mehr, entspricht ja den ungeheuerlichen Hohlräumen, in die hinein wir durch Lernprozesse, Auseinandersetzung, Einigung und Revitalisierung erneut wachsen können um damit gleichsam der ihnen zugrundeliegenden Schwachsinnigkeit, dem Stumpfsinn und der Verblödung zu entgehen.12

Das Erlangen von Frieden und Gerechtigkeit in der Welt, sowie die Realisierung von Ausgleich, Verhältnismäßigkeit und Repräsentation der Allerwehrlosesten, steht niemals im Konflikt und Gegensatz zu unserem Wohlstand, als wie zu Qualität, Substanz und Reichtum an Bildung, Freiheit, Intelligenz und Lebendigkeit sondern ist viel mehr immer deren notwendige Voraussetzung und Bedingung.

1. Der zweite Code, Epigenetik – oder wie wir unser Erbgut steuern können, Peter Spork S. 16  ###  2. „Air Rage“ wegen sozialer Ungleichheit http://www.heise.de/tp/artikel/48/48143/1.html ### 3. S. z. B. Arno Gruen – Der Verrat am Selbst, ab S. 17 ### 4. Evolution, Denken, Kultur 2016 – S 104 ### 5. Ein Wassertropfen enthält über Hundert Milliarden Billionen Atome. Im Vergleich zum ganzen Atom ist sein Atomkern so klein wie ein Reiskorn im Vergleich zu einem Fußballstadion. ### 6. Der Verrat am Selbst, Der Wahnsinn der Normalität, Der Fremde in uns, Verratene Liebe – Falsche Götter ### 7. Für die Grundrechte einer wachsenden Mehrheit von Menschen + Warum wir Krisen brauchen ### 8. Eine kurze Geschichte der Menschheit – Yuval Noah, Deutsche Verlags-Anstalt ### 9. Wege aus der Hungerkrise – Erkenntnisse und Folgen des Weltagrarberichts, Stand: Dezember 2013 ### 10. Terra Preta – Die schwarze Revolution aus dem Regenwald, S. 68, Ute Scheub, oekom verlag ### 11. Peak Car ### 12. Warum wir Krisen brauchen
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1 Antwort zu Der hohle Krieg oder die Fülle des Friedens

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