Gretchenfrage

Fritz Göttler: Die bösen Geister des Himmels – SZ 18.5.2015

Burkard Müller: Speise, die noch keiner gekostet hat – SZ 3.3.2015

Tomáš Sedláček: Was habt ihr geraucht? – DLF 30.3.2015

Irrationaler Überschwang – Robert Shiller

Johan Schloemann: Schuld und Schulden – SZ 16.6.2015

Most people don’t believe anymore in absolutism, that kings are in power from Gods will, that the Pope is infallible or Eva was generated out of one rip from Adam. Here is my question: For example Tomáš Sedláček is telling us in Deutschlandfunk, that economy (as a belief in money) is the most global religion of our time. Do you believe (in some religion and spiritual way) that next year one percent of mankind earns more than the whole rest (Oxfam)? Or should you rather very easily know(!) and proof, speak out and write down, that this is the most foolish kind of believe and religion and spirituality, to think that a tiny little minority could ever earn and monopolise out of any intelligent, justified, natural and human reason so much and absolute royal power and capital.

Ferdinand Piëch for example is becoming a zombi believing, that he really owns billions euros. Simply because of our mental health we should not be part of this madness. More to this subject is published here: Der hohle Krieg oder die Erfüllung des Friedens – Wachstum von Vitalität, Vielfalt und Differenzierung hinein in Leben, Bildung und Kultur + Warum wir Krisen brauchen

Aber seit der jüngsten Finanzkrise, wird das Fiktionale, das (Quasi-) Religiöse, auch das Kultische am Kapitalismus wieder ganz neu und grell beleuchtet. Das verbindet sich oft mit generellen Zweifeln am Wachstum und am „System“.“ (Johan Schloemann) „Die Ökonomie habe ihre Aufklärung immer noch vor sich: Sie rede schließlich immer vom „Fiat-Geld“(„Es entstehe Geld/Es möge Geld entstehen“), also von der Schöpfung aus dem Nichts. Und nach wie vor glaube sie an das Wirken der unsichtbaren Hand – also an den wirtschaftlichen Gedanken, der sich im 18. Jahrhundert bei Adam Smith selbst einer stoisch-christlichen Vorstellung von der Vorsehung verdanke.“ (Jochen Hörisch wiedergegeben von Johan Schloemann) „Irgendwie stimmt die ganze theoretische Untermauerung nicht mehr, an die wir geglaubt haben.“ (Josef Ackermann) „… Die Idee, dass Märkte immer recht haben, war eine irsinnige Idee.“ (Sarkozy – 1)

Aber wie wollen wir wissen, ob irratonaler Überschwang die Vermögenswerte nicht unangemessen erhöht hat?“ (Alan Greenspan 1996) „Spekulations-Epidemien“ von Aktien- und Anleihemärkten. „Was hat Spiritualität in der Wirtschaft zu suchen? Die vermeintliche Rationalität, auch in der digitalen Welt oder in der Wirtschaft, ist in Wahrheit durch ein Höchstmaß an Irrationalität und Bedrohlichkeit geprägt. Der Mensch bleibt in seiner Evolutionsgeschichte ein „metaphysisches Tier“.“ (Constantin von Barloewen SZ 1. Juni 2015 Interview: Sebastian Schoepp) „Die meisten Kursbewegungen sind bedeutungslos, sie haben nichts mit relevanten Informationen zu tun, sondern nur mit Moden und Verrücktheiten.“ (Nobelpreisträger Robert Shiller 2009 in den SZ). Nicht rationale Überlegungen bestimmten (demnach) die Kurse von Vermögenswerten, sondern die „animal spirits“, … (Nikolaus Piper SZ 28. Mai 2015) „Was Hegel nicht sah, war der durchweg spekulative Inhalt der kapitalistischen Wirtschaft, die Wirkungsweise des Finanzkapitals, als eine rein virtuelle Idee, die ,reale` Menschen beeinflusst.“ (Slavoj Žižek: Weniger als nichts) „Zwei große metaphysische Ideen hat der menschliche Geist hervorgebracht: Gott und das Geld.“ (Burkard Müller 3.3.`15 SZ „Speise, die noch keiner gekostet hat“) Geld als „hochgradig spirituelle Angelegenheit“, „als rein geistige Revolution“, als „neue intersubjektive Wirklichkeit, die nur in der gemeinsamen Vorstellung der Menschen existiert.“ Gier der Spanier nach Gold als „Geisteskrankheit“ (Yval Yuval Harari – „Eine kurze Geschichte der Menschheit“) oder „Krankheit des Herzens“ (Hernán Cortés 1519). „Die Ökonomie ist – wenn Sie so wollen – die globalste Religion unserer Zeit.“ (Tomáš Sedláček DLF 30.3.`15)

„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Not und Elend und wie viele Schrecken hätte derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: ‚Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören; ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und die Erde niemandem.‘“ Rousseau in Diskurs … 1750 „… ‚Siehst du nicht, mein Sohn, diesen Rasenden, der mit den Zähnen die Nase seines hingeschleuderten Gegners zerbeißt, und den dort, der eines Weibes Kopf unter einem riesigen Stein zermalmt!‘ ‚Ich sehe sie, … Sie schaffen das Recht. Sie gründen das Eigentum. Sie errichten die Prinzipien der Zivilisation, den Unterbau der Gesellschaft, die Grundlagen des Staates‘ …“ aus „Die Insel der Pinguine“ von Anatole France 1908

Ja, es ist spätestens mit der globalen Wirtschaftskrise oder etwa mit der Studie von Oxfam („2016 besitzt 1 Prozent der Weltbevölkerung mehr als der gesamte Rest“) en vogue geworden, das spirituell-religiös und auch wahnhaft-kranke Wesen des Geldes und des Kapitalismus auszusprechen. Während allerdings der sich linksliberal und progressiv gebende Intellektuelle bei Gelegenheit auch gern seinen Unglauben an Gott oder etwa seine Skepsis und Kritik gegenüber Spiritualität und Religion zur Schau trägt, bleiben sie bei ebenso oder noch weit zwingenderen Fragen in Bezug auf das Geld unreflektiert und schweigsam: Ob, wie und warum glauben sie selbst an das Geld, den Kapitalismus und unsere Wachstumsökonomie?

Steht in der Zeitung, Bill Gates würde Milliarden von Dollar besitzen, über die er mit größter Beliebigkeit verfügen kann, diese Spekulation, Vermutung, Phantasie und Vorstellung aber nur eine metaphysische und rein virtuelle Idee sein soll, eine hochgradig spirituelle Angelegenheit oder Teil der globalsten Religion unserer Zeit ist, warum trauen sich die Herren so gar nicht mal niederzuschreiben oder auszusprechen, dass sie an eine solche natürlich, menschlich, rational und rechtlich begründbare Konzentration von Mitteln, von Macht und Kapital in den Händen von ganz Wenigen, niemals glauben! Dass im Gegenteil eine solch durchweg spekulative und rein virtuelle Idee, so verbreitet, so allgemein anerkannt und umgesetzt, einer extrem weit fortgeschrittenen Verblödung, Raserei und Hohlheit entspricht. Wenn es um Kritik an religiösem Wahn und Fundamentalismus geht, bleiben die Herren doch auch nicht so ängstlich und unreflektiert.

1 Nicolas Sarkozy, 25.11.2008

GEWINNWARNUNG

Sie begriff, dass sie sich selbst betrogen hatte, dass sie ihr Herz gar nicht kannte. … Nun stellte sich heraus, dass sie dabei Fehler über Fehler gemacht, und nicht etwa gar nichts bewirkt, sondern obendrein Unheil angerichtet hatte. (Emma – Jane Austen)

… It’s just since the beginning of the conversation about finals club, I think I may have missed a birthday. – „Nur seit dem Beginn dieser Unterhaltung über Finals Clubs habe ich gefühlt ein Jahr verloren.“ … Erica Albright (Rooney Mara) im Film The Sozial Network (Min 1:00)

Gemeldet wird, dass Marc Zuckerberg in jüngster Zeit des Öfteren von einem entsetzlichen Alptraum hochgeschreckt ist: Er beginnt mit einer Anfangs nur am Rande gestreuten Nachricht, es könne eigentlich nicht sein, einen Algorithmus als wie seine Vernetzung und Technologie irgendwie mit Wert, Bedeutung oder Intelligenz zu assoziieren, welche die allermeisten ihrer User dümmer macht, desensibilisiert, passiv, frustriert und depressiv werden lässt … da ist nur so ein blödes leises Gefühl; woher kommt diese Einsicht und hat sich allerdings schon rumgesprochen, blitzt auf mit einem Male so schrecklich simpel und trivial! Dabei hat etwa schon die Frage was bodenloses, wie es sein kann, dass Zuckerberg selbst, die ganzen Medienleute, Analysten, Anleger usw. sich so lange und immer noch mehr haben betrügen können – Was, wenn wirklich immer deutlicher hervorscheinen wird, dass es aus diesem Alptraum kein Erwachen gibt, sondern nur ein Erwachen in diesem Alptraum?

Es zeigt sich ja wirklich schon nach so einfacher Nachempfindung und Überlegung, dass Facebook nicht allein nichts von Wert und Bedeutung der Persönlichkeit seiner User kennt oder weiß; alles was irgendwie Wert und Bedeutung für irgendwas eigentliches an Vermögen und Reichtum für irgendwen in und um Facebook hätte erlangen können, hat der Konzern und seine Akteure selbst am meisten verhindert und unmöglich gemacht. Geblieben sind Schulden, eine entsetzliche Leere und Bürde, einer beispiellos großen Mehrheit von Leuten Intelligenz, Bildung und Persönlichkeit im Sinne von Vielseitigkeit, Autonomie, Initiative, Sensibilität, mentaler und physischer Beweglichkeit u. a. abgewöhnt und entfremdet zu haben.

… Das allersetzte woran ein Global Player wie auch Facebook und seine Megakapitalgeber Interesse haben, sind autonome, individuelle, vielseitige, sensibilisierte und also in diesem Sinne gebildete und intelligente Kunden und User, die möglichst frei und unabhängig (von dessen Angeboten und Dienstleistungen!) Probleme lösen und Schwierigkeiten meisten können. Es widerspricht und ist im elementarsten Sinne unvereinbar mit ihrem Konzept der absoluten und sich immer weiter beschleunigenden Monopolstellung und Kapitalkonzentration an den Aktienmärkten. Damit aber ist im selben Ausmaß die Möglichkeit verschwunden und darüberhinaus meterdick zubetoniert, jemals zur Ursache oder zum Ausgangspunkt von dem zu werden, was im im eigentlichen Sinne Vermögen, Reichtum, Wert, Bildung und Intelligenz sein könnte. … (vergl.: Seine, meine oder Eine kurze Geschichte der Menschheit)

 

… Vergeblich suchte er sich auf irgend etwas zu besinnen: … Aber um welchen Preis er den Schatz erlangt hatte, das konnte er unmöglich begreifen. … aber Petrusj konnte sich auf das Kind gar nicht besinnen, … er dachte und spintisierte und wollte sich wohl auf etwas besinnen. Wenn es Pidorka zuweilen gelang, ihn zum Sprechen zu bringen, so vergaß er sich und heiterte sich sogar etwas auf; kaum fiel aber sein Blick auf die Goldsäcke, so schrie er gleich: ›Halt, halt, ich hab’s vergessen!‹ Und er versank in Gedanken und suchte sich wieder auf etwas zu besinnen. …

… Petro war aber immer derselbe, war sogar noch trübsinniger geworden. Wie angekettet saß er mitten in der Stube vor den Goldsäcken, … Er dachte immer an dasselbe, wollte sich immer auf etwas besinnen und ärgerte sich und wütete, weil er es nicht konnte. Manchmal erhob er sich wie wild von seinem Platz, schwang die Arme, starrte auf einen Punkt, als ob er etwas erhaschen wollte; seine Lippen bewegten sich, als wollten sie irgendein längst vergessenes Wort aussprechen, und erstarrten gleich wieder . . . Rasende Wut überfiel ihn; wie ein Besessener nagte und biß er sich die Hände und raufte sich die Haare, bis er wieder still wurde und wie ohnmächtig niederfiel; und dann begann er von neuem nachzusinnen, zu wüten und sich zu quälen … Nikolai Gogol — Die Johannisnacht

Satisfied Mind – Johnny Cash

How many times have you heard someone say
„If I had his money, I could do things my way“
But little they know that it’s so hard to find
One rich man in ten with a satisfied mind

Once I was winning in fortune and fame
Everything that I dreamed for, to get a start in life’s game
Then suddenly it happened, I lost every dime
But I’m richer by far with a satisfied mind

Money can’t buy back your youth when you’re old
Or a friend when you’re lonely or a love that’s grown cold
The wealthiest person is a pauper at times
Compared to the man with a satisfied mind

When life has ended and my time has run out
My friends and my loved ones will leave, there’s no doubt
But there’s one thing for certain when it comes my time
I’ll leave this old world with a satisfied mind

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5 Antworten zu Gretchenfrage

  1. Bernhard sagt:

    Wie stehen Mitarbeiter und Vorstand der GLS-Bank insgesamt zur immer schnelleren Ungleichverteilung und Zentralisierung von Kapital bei wenigen Unternehmen und Privatpersonen? Thomas Jorberg meinte auf der Veranstaltung „Perspektiven der GLS Gemeinschaft“ in Hamburg, das System (der Wirtschaft oder des Kapitalismus) sei nicht mehr leistungsfähig. In Bezug auf eine immer schnellere Monopolisierung und Ungleichverteilung von Reichtum, Eigentum und Macht, hat gerade der Kapitalismus bisher jede Art von Krise überstanden und ist in dieser, auch wörtlichen Bedeutung, so leistungsfähig wie nie. Meine konkrete Frage in diesem Zusammenhang an Thomas Jorberg, wie hoch er persönlich den Wert der Firma Google einschätzen würde, blieb leider unbeantwortet (börsennotierter Wert z. Zt. fast 500 Milliarden Euro). Was am Geld, seinem System und am Kapitalismus macht für Sie Sinn und wann und wodurch wird es sinnlos oder widersinnig? Oder in den Worten durchaus angesehener Intellektueller, Ökonomen und Journalisten irrational, phantastisch, fiktional, kultisch, religiös, spirituell, bedrohlich, spekulativ, virtuell, metaphysisch oder geisteskrank? http://www.fuehlenunddenken.de/leserbriefe/gretchenfrage/

    Als Mitglied der GLS wünsche ich mir von Ihnen eine differenzierte und ausgeprägte Überzeugung und Positionierung gegen den unreflektierten Glauben an das Geld bzw. sein turbokapitalistisches System, die es erlauben, die Ungleichverteilung von Macht, Kapital und Reichtum in immer schnellerem Tempo zu voranzutreiben und zu konzentrieren.

    Auch im Zusammenhang der Frage einer Ausgleichsfinanzierung der Kunden und Mitglieder der GLS für sinkende Zinsmargen, wünsche ich mir Stellungnahmen von Ihrer Seite, ob und wie weit diese Teil des Systems der weiteren Kapitalmonopolisierung sein würde: Die Zentralbanken sehen sich zu recht oder unrecht gezwungen die Zinsen zu senken und niedrig zu halten und bewirken damit einen weiteren Fluss von Mitteln aus der Realwirtschaft hinein in die spekulativen Blasen der Kapitalmärkte, in Immobilienpreise oder in IT-Unternehmen wie Facebook, Google und Apple.

    Wie weit macht sich auch die GLS-Bank passiv und aktiv zum Teil eines kapitalistischen Systems, welches auch nach den Worten von Thomas Jorberg grundlegend erneuert werden muss, indem Sie bisher der Frage ausgewichen sind, ob, wie und wie weit Sie an das Geld und sein (kapitalistisches) System und ihren Sinn glauben? In dem kritiklosen und unhinterfragten Glauben an das „große Geld“, seine Konzentration, Monopolisierung und Ungleichverteilung bzw. deren zugrundeliegende Vorstellungen von Grund, Boden, Leben und Natur als profitabler Besitz, sehe ich die wichtigste Ursache für dies unmenschliche, lebensfeindliche und zerstörerische System.

  2. Wir danken Ihnen für die kritische Anregung. Die GLS Bank setzt sich für einen bewussten und sozial-ökologischen Umgang mit Geld ein. Sie setzt mit ihrer Transparenz, ihren Werten, ihrer Haltung und ihrer einzigartigen Methode neue Standards für die Finanzbranche. Durch öffentliche Positionierungen, Veranstaltungen und Aufklärungen wird auf die Defizite des konventionellen Bankgeschäfts und auch in der Wirtschaft hingewiesen, wie z.B. im Bereich Energiewende oder Ernährung. die GLS Bank setzt sich für dezentrale, bürgernahe und nachhaltige Wirtschafsweisen ein. Natürlich sind wir auch Bestandteil des Wirtschaftssystems und unterliegen etwa den Vorschriften der Bankenaufsicht. Zudem sind wir Mitglied des genossenschaftlichen Bankenwesens. Wir nehmen hier jedoch aktiv Einfluss und machen auf die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Entwicklung aufmerksam. So führte die WGZ Bank etwa Nachhaltigkeitsgrundsätze für die Kreditvergabe ein. Die GLS Bank Stiftung hat im vergangenen Jahr auf dem Geldgipfel speziell die Rolle des Geldes aufgegriffen. Einen Bericht dazu finden Sie hier: http://blog.gls.de/gls-treuhand/ueber-geld-spricht-man-nicht-oder-besser-doch/
    Schließlich möchte ich Sie noch auf ein interessantes Interview mit Thomas Jorberg hinweisen: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/chef-der-oeko-bank-gls-wer-eine-milliarde-besitzt-koennte-gut-die-haelfte-verschenken/12372784.html

  3. Pingback: Seine, meine oder Eine kurze Geschichte der Menschheit | fühlen und denken

  4. Pingback: Helden der Feigheit | fühlen und denken

  5. Michael sagt:

    Leserbrief zum Essay „Die neue Systemfrage“ von Andreas Rödder DER SPIEGEL Nr. 52 / 19.12.2020

    Greta Thunberg segelte über den Atlantik. Dimension und Form ihres Segels entspricht dabei ihrem sehr gut berechenbaren (physikalischen!) Vermögen, mit dem sie ihre Intelligenz und mentalen Horizonte bis New York erweitern konnte. Emotionale und mentale Ausbildung des Ich, der Person und des Selbst, sind ebenso wie das Segel von Thunberg physiologisch notwendig als Matrix in der wir überhaupt erst wahrnehmen, einsichtig bzw. intelligent sein können – Wahrnehmung ist Selbstwahrnehmung und Selbstwahrnehmung ist Wahrnehmung in notwendiger Wechselwirkung: Ich spüre und kann denken ein Ding erst und nur als ausgebildete Fähigkeit, wie ich mich selbst an jenem Ding empfinden und denken kann.

    Ich nehme ein Lebewesen in seiner Komplexität, Ausdifferenzierung, Interaktion und Ganzheit ebenso erst und nur annähernd wahr, in einer gleichwertigen Selbstwahrnehmung der eigenen Komplexität, Ausdifferenzierung, Interaktion und Ganzheit.* Sicherlich noch wichtiger für uns als Kinder dieser Zivilisation und Kultur: Ich nehme mich selbst in meiner Substanz, Freiheit, Lebendigkeit, Komplexität, Ausdifferenzierung, Ausprägung und Ganzheit erst und nur wahr, in einer gleichwertigen Freiheit, Lebendigkeit, Komplexität, Ausdifferenzierung, Ausprägung und Ganzheit des anderen Lebewesens. Aus diesen Gründen lässt sich das vorherrschende Konzept des Egoismus und Individualismus von „Standards einer modernen westlichen Ordnung“ (Andreas Rödder) als sinnlos bewerten:

    Selbstbezogenheit (Egoismus) kann nur die lebendige Interaktion zu möglichst vielen verschiedenen anderen Dingen, Lebewesen und Menschen sein, weil das menschliche Selbst aus nichts anderem mehr sich gebildet hat und weiterleben kann, als eben mit einem solch durch und durch sozialen Wesen. Alles was wir gut begründet als etwas besonders individuelles des Ich, des Selbst und der Person bezeichnen wollen, lässt sich erneut und ebenso erst und nur aus der Empathie, Begegnung, der Solidarität und Interaktion auf Augenhöhe mit den Ausgesonderten, den Diskriminierten und Benachteiligten ausbilden und erhalten.

    Andreas Rödder lässt sowohl jene emotionale und mentale Allgemeinbildung, als auch jene erforderliche Empathie, Solidarität und Interaktion vermissen, ohne welche nun einmal eine relevante und sinnvolle Forschung und Ausarbeitung etwa zum Thema Diskriminierung nicht möglich ist. Möchte der Herr Professor mit seinem „Forschungsschwerpunkt zur globalen Verflechtungsgeschichte Europas in der Moderne“ doch mal ausformulieren, warum er die Aussage von Achille Mbembe „struktureller Rassismus“ gehört zur DNA westlicher Gesellschaften, für „intellektuell unredlich“ hält: Welche systemrelevanten Ressourcen wie z. B. Baumwolle, Zucker, Sand, Mineralöl usw. der westlichen Gesellschaften sind nicht durch massive Verwüstungen, Ausbeutung und Diskriminierung von „People of Color“ etwa in Asien, Südamerika und Afrika erzeugt und bereitgestellt?

    Noch dazu disqualifiziert sich Rödder in seinem Lehrstuhl für „Neueste Geschichte“ zum Thema Diskriminierung indem er etwa eine Forderung von Josef Schuster aus aktuellem Anlass unbeachtet lässt: „Wir brauchen nicht nur einen Ausstieg aus der Kohle, sondern auch einen Ausstieg aus Rassismus und Antisemitismus.“ Und: „Nur tagsüber sind Universitäten weiße Institutionen“ Maureen Maisha Auma (tagesspiegel.de) Oder „In Deutschland sind schwarze Menschen vor allem im Niedriglohnsektor überrepräsentiert.“ & „Rassistische Diskriminierung nimmt in Deutschland weiter zu. Im Jahr 2018 gab es laut Kriminalstatistik fast 20 Prozent mehr rassistische Übergriffe als im Jahr 2017. (dw.com)

    Ich bitte zum Thema auch zu beachten: Refugees Welcome!

    Der hohle Krieg oder die Fülle des Friedens &

    Liebe und Freiheit sind unzertrennlich!

    * Vgl. a.: Essay Fühlen und Denken: … Bildung im eigentlichem Sinne heißt demnach dagegen, Wahrgenommenes in vielfältigen und offenen Mustern assoziieren zu können, welche aktiv und fortwährend immer weiter zu bilden sind. Innerhalb eines solchen Lernprozesses, trifft unsere Wahrnehmung weniger auf gewöhnliche und ausgetretene, als vielmehr auf offen – vielfältige, weit verzweigte und freie Assoziationsgebilde, in denen wir, unser Gegenüber und das Leben sich freier und gelöster bewegen können. …

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