In Raserei zu kollektivem Stillstand
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, … „ Es scheint gute Gründe zu geben, die Bemerkung Albert Einsteins ziemlich ernst zu nehmen. Kurz gesagt können wir den intelligent nennen, der fähig ist, alle möglichen Probleme zu lösen, egal ob sie nun mathematischer, zwischenmenschlicher oder verkehrstechnischer Art sind. Schon eher blöde aber noch harmlos ist, wer Probleme nicht lösen kann, doch aber zumindest keine, oder wenigstens kaum neue schafft. Ihm geben wir nur eine niedrigen Intelligenzquotienten. Schon gar nicht mehr harmlos ist, wer sich selbst und andere über Probleme täuscht, gerade weil diese auch deswegen immer größer, immer brutaler und offensichtlicher werden und immer mehr Opfer fordern, sein IQ müssten wir demnach schon weit im Negativen markieren: Einsicht und Lösungsmöglichkeiten bleiben immer weiter zurück, werden immer unzugänglicher, ja buchstäblich zubetoniert. Wir rasen schließlich längst weit Richtung unendliche Dummheit, wenn wir maßgeblich teilnehmen an Blockaden, Eskalationen und Lügen, deren Wirkung an Zerstörung, Leid und Tod, unsere zeitlichen und räumliche Wahrnehmung bzw. potentielle Verantwortung, in ebenso unüberschaubarem Ausmaße sprengen. Verstehen wir sicher zu Recht unter Wirtschaft und Ökonomie so etwas wie „maßvolle Verhältnismäßigkeit“, so wird tatsächlich unter ihren Hüllen eine immer effizientere Verschwendung, Zerstörung und Überproduktion betrieben. Am weitesten fortgeschritten und am markantesten ist dieser Widersinn bei dem, was ich Peak Car nennen will.
Mobilität und Verkehr bilden und prägen absolut notwendig und essentiell die Lebensqualität eines Landes, einer ländlichen Region, oder einer Metropole und zwar sowohl für sich gesehen, als auch durch ihre Auswirkungen auf alle anderen Lebensbereiche. Dabei ist nicht schwer zu sagen, wie eine Mobilität zu sein hat, die eine echte und hohe Lebensqualität zu erzeugen vermag und Teil von ihr ist: Jede und Jeder soll sich möglichst autonom und individuell, ohne Einschränkung, Unfallrisiko, Stress und Lärm bewegen (lassen) können, sei es mit bestimmtem Ziel oder unbestimmter zum Spazieren, Spielen oder Sport treiben und zwar ganz oder weitgehend ohne(!) andere einzuschränken, zu gefährden, oder sonst irgendwie zu schädigen. Eine solche Mobilität kann Spiel sein, je nach dem Zeit zum Lesen, zum Entspannen und Arbeiten geben, oder Bewegungsmangel ausgleichen. Mit Jeder und Jedem meine ich dabei nicht nur auch, sondern ganz besonders jene, die von einer solchen Mobilität weitgehend oder vollständig ausgeschlossen werden, also Kinder und Menschen mit Behinderungen. Wenn auch Kinder auf Straßen wieder den Raum und die Sicherheit vorfinden um (weitgehend) frei und autonom sich bewegen und spielen zu können, ist das die unumgänglichste Vorraussetzung dafür, mit Recht von individuell und gerecht zugänglicher und autonomer Mobilität reden zu können. Dennoch hat nach dem Vorbild maßloser Dummheit gerade die Industrie, welche diese Qualitäten am effektivsten verhindert und unmöglich macht es geschafft, ihre Lüge von Automobilität und Individualverkehr durch ihr Produkt zu etablieren. So leicht wir jedoch durch erheblich weniger Stauzeugs, erheblich mehr Freiheit, Bewegung, Unversehrtheit, sowie Ruhe, Raum, Fläche und Grün gewinnen können, so sehr wird es all das noch viel weiter einschränken und zerstören, wenn wir die dumme und dreiste Lüge vom „Automobil“ als Garant von Freiheit und Wohlstand als ganz normalen Wahnsinn hinnehmen. Selbst ein wenig Selbstachtung und Rücksicht auf Mensch und Natur aber muss uns zum Anlass werden gegen das vorzugehen, was in dieser Maßlosigkeit längst zum stumpfsinnigen Exzess und zur stinknormale Raserei geworden ist. Peak Car ist nicht nur erreicht, sondern längst weit überschritten:
So wie die Ölförderung durch zur Neige gehende Vorkommen immer aufwendiger, risikoreicher und Natur zerstörender wird, und der steigender Nachfrage schließlich hinterherhinken muss (peak oil), so ist der Aufwand, um Autofahrern eine relative Mobilität und einen Stehplatz zu ermöglichen, längst in gleicher Weise völlig unverhältnismäßig: Die Grenze unter der Autos mit einem akzeptablen Aufwand zur Mobilität beitragen könnten, und nicht im Gegenteil Stau, Behinderung, Asphaltverwüstung und Unfälle verursachen („peak car“), ist längst überschritten!
In einer rasenden Entwicklung ist das Automobil in 125 Jahren zum allgemeingefährlichen Staumittel geworden. Bezogen auf die gesamte Bevölkerung werden Stauzeuge nie eine relevante Masse mobil machen können. In Deutschland nicht und weltweit schon gar nicht: Die Bahn macht mobil, der ÖPNV macht mobil, Fahrräder machen mobil, zu Fuß gehen macht mobil, Autos machen Stau! Nur erstere haben das Potential in einer globalisierten Welt eine gerechte Mobilität zu ermöglichen:
Eine schnell anwachsende Weltbevölkerung von 7 Milliarden Menschen
- + eine rasante Urbanisierung, nach welcher seit 2007 erstmals mehr Menschen in Städten leben als auf dem Lande
- + ein exorbitantes Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern samt deren Übernahme unserer Lebensweise
- = die definitive Untauglichkeit des Autos als Massenverkehrsmittel!
Wolfgang Roth formuliert es in der SZ so:
„Das Auto der Zukunft fährt vielleicht mit Wasserstoff und wird von intelligenten Verkehrsleitsystemen in Verbindung mit dem Navigationsgerät genau dorthin gelotst, wo momentan gerade Parkraum frei und ein Verkehrsweg wenig frequentiert ist. Automatische Abstandshalter verhindern Auffahrunfälle, und: Möglicherweise sind die Deutschen irgendwann bei Sinnen und befürworten sogar ein Tempolimit auf Autobahnen. Einen Zugewinn an Mobilität aber, das ist die einfache Wahrheit, wird es nur geben, wenn weniger Autos unterwegs sind.“